Bei der Gärung wandeln Hefezellen Zucker in Alkohol um - das ist Grundwissen aus dem Chemieunterricht und auch einer der ersten Inhalte jedes WSET-Kurses. Doch natürlich steckt dahinter viel mehr!
Historisch gesehen ist das Wissen über die Gärung noch ziemlich jung - über Jahrtausende war der Grund für die berauschende Wirkung von Wein oder Bier unbekannt und schien den Menschen wie Magie. Bis im 19. Jahrhundert der “Vater der Mikrobiologie” Louis Pasteur in Frankreich (wo sonst?!) die Entstehung des Alkohols auf den Stoffwechselprozess der Hefen zurückführen konnte.
Pasteur entschlüsselte, was wir in Worten so beschreiben: Bei der alkoholischen Gärung verstoffwechseln die Hefezellen den Zucker des Traubenmostes, bestehend aus Fructose und Glukose, zu Ethanol, Kohlendioxid und Reaktionsenergie. Das erklärt auch, warum es Keller im Herbst immer gluckert: Das bei der Gärung entstehende Kohlendioxid entweicht durch die sogenannten Gärröhrchen. Außerdem wird der gärende Most durch die Reaktionsenergie warm - zu diesem Punkt kommen wir später noch zurück.
Zunächst werfen wir einen genaueren Blick auf den eigentlich Star der Gärung, die Hefe: Der einzellige Pilz kommt in der Natur in vielen verschiedenen Formen vor. Für Winzer ist in der Regel die saccaromyces cerevisiae interessant. Sie kommt in Form von sogenannter Reinzuchthefe zum Einsatz, die Weinmacher einem Most gezielt hinzugeben, um die Gärung zu starten. Der Vorteil: Reinzuchthefen liefern zuverlässige Ergebnisse - der Wein kann trocken durchgegoren werden, sprich aller Zucker wird verbraucht, und es entstehen keine unerwünschten Nebenprodukte. Trotzdem stehen diese Hefen auch in der Kritik, da eine gewisse Vereinheitlichung aller Weine vermutet wird. Das Gegenkonzept zur Reinzuchthefe ist die Spontangärung: Dabei setzt man auf die im Weinberg und im Keller natürlich vorkommenden Hefestämme und lässt die Gärung unkontrolliert starten. So entstehen nach Meinung vieler zwar interessantere Weine. Allerdings kann man sich auf die “wilden Hefen” weniger verlassen und riskiert Fehlaromen.
Wenn die Gärung dann mal läuft, gibt es erstmal nicht viel zu tun, als den Prozess aufmerksam zu beobachten - regelmäßige Gärmessungen gehören dazu. Sollte mal etwas ins Stocken geraten, kann man den Hefen mit etwas Luftzufuhr, mit speziellen Hefenährstoffen oder mit etwas Wärme auf die Sprünge helfen.
Stichwort Wärme: Die Temperatur ist für die Gärung ein entscheidender Parameter. Zum einen brauchen die Hefen etwas Wärme, um überhaupt arbeiten zu können. Zum anderen beeinflusst die Gärtemperatur maßgeblich den späteren Weinstil. Grundsätzlich gilt, dass Weißweine bei kühleren Temperaturen (12 - 22 Grad Celsius) als Rotweine (20 - 32 Grad Celsius) vergoren werden. Innerhalb dieses Spektrums bestimmt die Temperatur unter anderem die spätere Aromenwelt eines Weines: Je kühler die Gärung, desto mehr wird die Entstehung sogenannter Kaltgäraromen, die an Birne, Banane oder Eisbonbon erinnern, begünstigt. Und auch die viele andere Weinaromen, die wir so schätzen, werden erst dank der Gärung freigesetzt - aber das ist ein Thema für einen neuen Blogartikel!
Photo Credit: German Wine Institute
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